So, da isser wieder…
Diesmal aus dem Herbsturlaub. Bis dato waren der beste Mitfahrer von allen und ich in den Herbstferien regelmäßig mit dem Krad unterwegs, was wir aber ja dieses Jahr in den Sommer verlegt hatten (Schweden – man kann es hier noch nachlesen). Dadurch stand ich nun vor dem Luxusproblem, mir zu überlegen, wo ich denn nun meine paar Tage wertvollen Urlaubs verbringen konnte.
Den Urlaub zu Hause zu verbringen, schied von vornherein aus, da sich die Erholung – zumindest bei mir – irgendwie nicht so richtig einstellen will. Also wegfahren – und schon stellt sich die Frage, wohin. Da ich ja eine gesunde (und völlig gerechtfertigte) Furcht vorm Fliegen habe, schied auch die nur mit den stets und ständig abstürzenden Fluggeräten erreichbare Ferne aus. Also etwas, das ich mit dem Auto erreichen konnte – nur was?
Gern sollte es ein Ort sein, an dem ich noch nicht war. Schon eine Stadt, aber auch mit der Option, ins ländliche Umland zu „fliehen“. Die Stadt sollte mit origineller Architektur und generell schönen Fotomotiven glänzen, das eine oder andere Museum von gutem Ruf wäre auch nicht verkehrt.
Nach reiflichen Überlegungen und Befragungen war das Ergebnis mau. Irgendwie fielen mir nur Orte ein, die mir entweder bekannt oder zu weit weg waren. Bis dann jemand ChatGPT ins Gespräch brachte. Dieses potente KI-Tool hatte ich bisher in erster Linie genutzt, um aus Fotos lustige Bilder im Stil der Muppet-Show oder Tim & Struppi zu basteln. Aber tatsächlich soll es noch etwas mehr können.

Also den virtuellen Knecht mit meinen Wünschen (Stadt, Geheimtipp, interessante Architektur, Streetfotografie, tolle Fotomotive, schöne Museen, im Umkreis von 700 km von Büdelsdorf gelegen) gefüttert – und dem geharrt, was dieser dann ausspucken würde.
Die Liste, die daraufhin ausgespuckt wurde, listete an erster Stelle Kopenhagen auf, bevor mit Hamburg und Berlin (Geheimtipps?) zwei mir doch schon recht gut bekannte Kandidaten folgten. Auf Platz vier fand ich dann Rotterdam vor. Diese Stadt hatte ich jetzt so gar nicht auf dem Zettel – und somit war mein Interesse durchaus geweckt. Während ich mich mit Hilfe von ChatGPT und Google tiefer in die Stadt einlas, fiel mir auch ein, dass der beste Mitfahrer von allen auch schon in den höchsten Tönen von Rotterdam geschwärmt hatte. Architektonisch äußerst attraktives Stadtbild, viele bekannte Museen und der größte Hafen Europas. Dazu geht die Stadt quasi direkt in die Nachbarstädte Den Haag und Delft über, so dass damit die Zahl der Optionen noch einmal gesteigert wurden. Die Nordsee liegt in erreichbarer Nähe und bietet mit Scheveningen ein bekanntes Seebad.
Okay, das passte. Also stand die Unterkunftssuche auf dem Plan. Mit der Erkenntnis, den ersten Nachteil dieser auf dem Papier/Bildschirm geradezu paradiesisch anmutenden Stadt gefunden zu haben, nämlich die extrem hohe Preise für die Übernachtung (erstmalig waren an einem von mir besuchten Urlaubsort die Hotels günstiger als die Ferienwohnungen), bei Airbnb eine gerade noch bezahlbare Kemenate gefunden und ergattert. Und dann musste man nur noch die letzten Kundentermine professionell abgearbeitet werden, bis man sich dann am Sonnabendmorgen in einem wieder mal viel zu voll gepackten Auto auf den Weg in die Niederlande machte.

Obwohl schon dreimal in Amsterdam gewesen (die Erinnerungen daran sind aus verschiedenen Gründen eher diffus… 😉) und einmal auf der Durchreise nach Frankreich passiert, waren die Niederlande für mich eher noch Neuland.
Trotz der extrem vollen Autobahnen, konnte man einfach gelassen im Verkehr mitschwimmen und kam recht entspannt am Zielort in Holland an. Ich habe im Zuge meiner literarischen Vorbereitungen übrigens gelernt, dass Holland und die Niederlande mitnichten das gleiche ist, sondern Holland lediglich eine von sieben Provinzen der Niederlande ist. Nun liegt Rotterdam aber tatsächlich in der Provinz Holland – also passt es, wenn ich von Holland schreibe…
Meine Unterkunft befindet sich in einem Appartementhaus am Stadtrand, in dem es 162 Appartements gibt. „Mein“ Appartement befindet sich natürlich im obersten Stockwerk (zum Glück nur das zweite…) ganz hinten, so dass ich tatsächlich vom Auto den längstmöglichen Weg zurückzulegen habe. Zusammen mit der Tatsache, viel zu viel Kram mitgeschleppt zu haben, war das Ausräumen des Autos dann erstmal eine nennenswerte Herausforderung sportlicher Art.

Das Appartement selbst ist klein, bietet aber alles, was man für ein paar Tage benötigt. Okay, an das Einzelbett muss man sich gewöhnen (bin eher mindestens Queensize gewohnt) und die Tatsache, dass der Schlafbereich zwar mit einer Wand vom Wohnzimmer abgetrennt ist, aber über keine Tür verfügt, ist die Klimatisierung eine Herausforderung. Aber das funktioniert auch.

Die Einrichtung ist mit allerlei buntem Tand, einer Pistole auf der Fensterbank und einem Schwert an der Wand etwas skurril. Und die im Bett befindliche Gewichtsdecke (geschätzt etwa 15 Kilo schwer) soll wohl bei Schlafproblemen helfen, bestätigte mich aber in meiner Entscheidung, mein eigenes Bettzeug mitgenommen zu haben.
Aber alles in Allem bin ich mit der Wohnung sehr zufrieden und fühle mich hier wohl.
Nachdem die erste Nacht aus mehreren Gründen etwas unruhig war (entgegen meiner Gewohnheit eher schlecht geschlafen), hatte ich mir vorgenommen, zum Auftakt erstmal an die Küste zu fahren. Da das Wetter sich von seiner stürmischen Seite zeigte, erwartete ich dort hübsch anzuschauende Brandung. Also steuerte ich als erstes Ziel Schevenigen an, einen Ortsteil Den Haags, der zumindest vom Namen her ja durchaus bekannt ist.

Und ja, das Meer präsentierte sich so, wie ich es erwartet hatte: Schöne Brandung, wilde Wolkenbewegung am Himmel, allerdings auch immer wieder kurze Sturzbäche von oben und – durch eigene Dummheit und der daraus folgender Unbeschwertheit direkt an Wasserkante – auch von unten, da sich Wellen nicht unbedingt an die Wasserkante halten bzw. diese keine feste Grenze darstellt. Mit nassen Schuhen, Socken und Hosen dann auf den Pier, der hier in Scheveningen mit einem Riesenrad beeindruckt – allerdings auch durch einen ruinenhaften Pavillon und insgesamt mit einem gewissen Verfall.
Das brodelnde Wasser in Verbindung mit dem grau-schwarzen Himmel und dem davor drehenden Riesenrad hatte zum Teil schon eine gewisse Endzeitstimmung, was mir aber trotzdem (oder gerade) sehr gut gefallen hat.

Nicht so gut gefallen hat mir Scheveningen an sich, präsentierte es sich doch als von Baustellen durchzogene Betonwüste im Stil des Brutalismus. Auch der Strand war eine einzige, mit Containern und Zäumen zugestellte bzw. abgesperrte Baustelle. Das mag aber auch der Jahreszeit geschuldet sein, ist die Saison doch schon länger vorbei.

Als nächstes wollte ich mir in Hoek van Holland ein paar einfahrende Schiffe angucken. Der Stadtteil Rotterdams liegt an der Rheinmündung und viele der den Rotterdamer Hafen anlaufende Schiffe müssen daran vorbei. Der Verkehr war allerdings überschaubar – aber durch das stürmische Wetter war es trotzdem ganz nett, etwas dort herumzuschlendern.

Als mich dann der Hunger plagte, erinnerte ich mich an die Empfehlung, dass man in der Den Haager China Town sehr gut essen könne. Da diese ohnehin mehr oder weniger auf dem Rückweg lag, entschied ich mich für eine dortige Einkehr. Nachdem ich mein Auto in einem nahegelegenen Parkhaus abgestellt hatte, führte mich ein kurzer Fußmarsch zum mit einem imposanten Tor gekennzeichneten Eingang zur China Town.

Diese war dann weniger spektakulär als erwartet, handelt es sich doch lediglich um eine einige hundert Meter lange Aneinanderreihung von Asia-Restaurants, Fingernägelbemalern und Fotoläden – und natürlich ist die Hälfte der Strecke eine Baustelle. Letztlich entschied ich mich für ein kleines Asia-Restaurant mit einer überschaubaren Karte, aber vielen asiatisch aussehenden Gästen, was ich als Zeichen einer authentischen Küche deutete. Und in der Tat war der bestellte Bratreis mit Rindfleisch eine wahre Geschmacksexplosion, die mit den profanen Gerichten gleicher Bezeichnung in deutschen China-Restaurants so gar nichts zu tun hatte. Was genau darin war, weiß ich nicht (und möchte es vielleicht auch gar nicht wissen), aber es war wirklich richtig lecker!

Danach war es dann auch genug – und ich wollte nur noch heimwärts. Allerdings musste ich davor noch aus der Tiefgarage kommen – was sich als nicht so einfach herausstellte, kam ich doch gar nicht erst in diese herein. Für den Zutritt benötigte man eine App, die ich aber nicht besaß – und leider aufgrund fehlender Informationen auch nicht herunterladen konnte (es stand an der Tür, DASS ich eine App benötigte, aber nicht, WELCHE App…). Zum Glück (so dachte ich) war an der Tür eine Hotlinenummer angegeben, die ich dann anrief. Ich landete bei einem Mitarbeiter, der ähnlich schlecht Englisch sprach wie ich und nach eigenen Angaben gerade seinen zweiten Tag als Hotliner hatte. Im Regen an einer vielbefahrenen Straße vor dem Parkhaus stehend, führte das ob des Verkehrslärms brüllend geführte Gespräch irgendwie nicht wirklich zum Ziel, so dass ich irgendwann die Chance nutzte, mit einer App besitzenden Person in das Parkhaus zu schlüpfen. Nun war ich zwar drinnen, aber mit dem Auto noch nicht wieder draußen – und so etwas wie einen Parkscheinautomaten gab es offensichtlich nicht – ganz davon ab hatte ich so etwas wie einen Parkschein nicht, da ich einfach so einfahren konnte: Die vorhandene Schranke hatte sich einfach geöffnet. Beim Versuch, auszufahren, funktionierte das nicht – die Schranke blieb zu. Einige befragte andere Parkhausgäste verwiesen alle auf die schon erwähnte App – die mir aber nicht helfen würde, da ich sie ja bei der Einfahrt nicht genutzt hatte und sie somit gar nicht wüsste, dass ich drin war und sie mich auslassen müsste. Ich sah mich also schon mit dem Zug zurückfahren und mein Auto auf immer und ewig in der Garage lassend, als ich einen Parkhausmitarbeiter erspähte, der zielstrebig auf das bis dahin unbesetzte Parkhausmitabeiterhäuschen zustrebte. Dieser zeigte sich ob meiner Geschichte etwas ungläubig (da man seiner Meinung nach ohne App gar nicht hätte einfahren können), handelte dann aber pragmatisch und ließ mich aus der Garage fahren. Somit war ich dann draußen – und hatte darüber hinaus Geld gespart, denn Parken in den Niederlanden ist durchaus nicht billig (ab 6 EUR pro Stunde).

Für den ersten Tag waren es viel Aufregung und viele Eindrücke. Kurz noch zum Supermarkt (…holla, jeder der sich über die Preise in Deutschland beschwert, sollte mal nach Holland fahren… 😉), dann in mein Gemach vor den Fernseher, bevor es dann recht früh ins Bett ging – und heute Nacht habe ich fantastisch geschlafen…
In diesem Sinne…

Ick freu mir
Genial 🤩 Weiter viel Spaß!
VG Harald
Es liest sich, als wäre man dabei. Einfach Klasse und man wartet schon auf die nächsten Seiten. Sehr erfrischen, weiterhin schönen Urlaub!
LG Detlev
Na endlich wieder Lesestoff und tolle Bilder!
….alles sehr aufregend…..ich wäre sicher total überfordert.
So hätte ich es auch gemacht: Mitarbeiter suchen.
Ich wünsche Dir trockenes Wetter und Sonnenschein